Zusammenfassung
In der medizinischen Fachliteratur ist das „Kehrsche Zeichen“ (linksseitiger Schulterschmerz) für die Erkennung der Milzruptur weit verbreitet. Aus Kenntnis des wissenschaftlichen Werkes des Namengebers muss festgestellt werden, dass dieses Zeichen nicht auf Kehr zurückgeführt werden kann, da ein quellenmäßiger Beleg dafür nicht zu erbringen ist. Warum der linksseitige Schulterschmerz bei Milzruptur nach dem deutschen Gallenchirurgen Hans Kehr benannt wurde, bleibt ein Geheimnis der medizinischen Überlieferung.
Abstract
Kehr’s sign (pain in the left shoulder) is a well-known sign for a rupture of the spleen. After a thorough investigation into the body of research conducted by Hans Kehr, one must come to the conclusion that there is insufficient evidence that the term refers to his own work. The question of why the violent pain in the left shoulder during rupture of the spleen is named after the German gall bladder surgeon will remain a mystery of medical history.
Notes
Klassische Beispiele hierfür sind die Kussmaul-Atmung, die Billroth-Magenresektion, der Koch (Tuberkel-)Bazillus, die Lagerung nach Trendelenburg, die Küntscher-Nagelung, das Bell-Phämomen, das Kehr-T-Drain u.v.a.m.
Vgl. Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch mit klinischen Syndromen und Nomina Anatomica. 256. Aufl. Berlin New York 1990, S. 839; ders.: 258. Aufl. Berlin New York 1998, S. 810—hier wird das Kehr-Zeichen als typisch für die Milzruptur oder die Tubarruptur (!) angegeben. Vgl. dazu ferner Günter Thiele (Hrsg) Handlexikon der Medizin in 4 Bde. München Wien Baltimore 1980, Bd. 2, S. 1288; ROCHE Lexikon Medizin. 2. Aufl. München Wien Baltimore 1987, S. 934.
Vgl. u. a. Karl Wullstein und Max Wilms: Lehrbuch der Chirurgie. 4. Aufl. 2.Bd., Jena 1914; dsgl. 10. Aufl.1951; Otto Nordmann: Lehrbuch der Chirurgie. Berlin 1940; Carl Garrè u. August Borchardt: Lehrbuch der Chirurgie. 3. Aufl. Leipzig 1921; Otto Kleinschmidt: Operative Chirurgie. 3. Aufl. Berlin Heidelberg 1948; Carl Garrè, Rudolf Stich und Karl Heinrich Bauer: Lehrbuch der Chirurgie. 14. und15. Aufl. Berlin Göttingen Heidelberg 1949; Alfred Brunner, Carl Henschen und Heinrich Heusser: Lehrbuch der Chirurgie. Basel 1950; Erich Lexer und Eduard Rehn: Lehrbuch der Chirurgie. 21. Aufl. Stuttgart 1952; Herbert Uebermuth: Spezielle Chirurgie. 2. Aufl. Leipzig 1960; Maxim Zetkin und Herbert Schaldach (Hrsg): Wörterbuch der Medizin. 2. Aufl. Berlin 1964; Franz Mörl: Lehrbuch der Unfallchirurgie. Berlin 1964.
So z. B. Otto Kleinschmidt: Operative Chirurgie. 3.Aufl. Berlin Heidelberg 1948, S. 1237–1249. Hier stehen die Namen Edler und Levy für das Symptom des linksseitigen Schulterschmerzes bei Milzruptur. Oder: Richard Goldhahn und Gerhart Jorns: Lehrbuch der Speziellen Chirurgie. 2 Bde. Leipzig 1956, S. 219.
Vgl. u. a. Burghard Breitner (Hrsg): Chirurgische Operationslehre. München Wien Baltimore 1957. Bd. 5, 1d, S. 1; Reiner M. Seufert: Chirurgie der Milz. Stuttgart 1983; Hans Joachim Serfling, Karl-Ludwig Schober und Walter Schmitt (Hrsg): Spezielle Chirurgie. Leipzig 1971, S. 417; Martin Allgöwer und Rüdiger Siewert: Chirurgie. 5. Aufl. Berlin Heidelberg New York Tokyo 1992, S. 857; Rudolf Berchthold, Horst Hamelmann, Hans-Jürgen Peiper und Otmar Trentz (Hrsg): Chirurgie. 3. Aufl. München Wien Baltimore 1994, S. 635. Das 1986 in erster Auflage erchienene und von Volker Schumpelick, Niels M. Bleese und Ulrich Mommsen herausgebene Lehrbuch „Chirurgie“ enthält erstaunlicherweise diesen Terminus nicht.
In den Jahren 1912–1914 als erste deutsche Operationslehre herausgegeben von den Chirurgen August Bier (1861–1949), Heinrich Braun (1862–1934) und Hermann Kümmell (1852–1937).
Vgl. Hans Kehr: 20 Jahre Gallenchirurgie. Ein kurzer Rückblick auf 1600 Operationen. In: Münchner medizinische Wochenschrift 57 (1910), Nr.38, S. 1986–1989. Hier bemerkt Kehr: „...Ich hatte als Assistent bei Meusel 1886ff., d. Verf., einige Gallenblasenbauchwandfistelп zu studieren Gelegenheit... aber eine richtige Gallensteinoperation mit Eröffnung der Bauchhöhle zu sehen, war mir nicht vergönnt. Ich zog... nach Wien und besuchte die Kliniken von Albert und Billroth, aber auch bei diesen Meistern der Chirurgie sah ich keine Gallensteinlaparotomie.“
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Klimpel, V. Stammt das „Kehrsche Zeichen“ von Hans Kehr?. Chirurg 75, 80–83 (2004). https://doi.org/10.1007/s00104-003-0796-2
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00104-003-0796-2