Zusammenfassung
Dieser Entwurf einer ästhetischen Theorie des Films geht von der Geschichte der bildenden Kunst aus. Dabei geht es wesentlich um die sich entwickelnden Widersprüche seit dem 19. Jahrhundert, die spätestens mit Dada und Bauhaus aufbrechen. Seither stehen unterschiedliche Theorien der Ästhetik nebeneinander; sie sind durch tiefe Gräben getrennt, weil sie sich auf unterschiedliche künstlerische Praktiken beziehen. Drei Ansätze werden vorgestellt: Theodor W. Adorno (für den Kino-Filme im Wesentlichen keine Kunst sein konnten), Walter Benjamin (der im Film eine neue künstlerische Formation erkennt) und Erwin Panofsky (der als Kunsthistoriker den Film als neue lebendige Kunstgattung begrüßt). In diesem Zusammenhang geht es auch um die Auseinanderentwicklung der Kunstwelten diesseits und jenseits des Atlantiks, deren Ursache in der Emigration während der Nazi-Ära liegt. Während das Museum of Modern Art in New York ein Film-Department hat, das sich dem Kino-Film widmet, schließen die Kunstmuseen der Bundesrepublik diese Gattung nach wie vor aus.
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Notes
- 1.
Das Gemälde befindet sich heute im Musée du Louvre, Paris.
- 2.
Für Material und Hinweise danke ich Mireille Romand, Galerie Documents (Paris).
- 3.
Für diesen Hinweis danke ich Christophe Bouyssi, Leibniz Universität Hannover.
- 4.
Der Begriff Kunstwelt bezeichnet sowohl die Bedingungen der Kunstproduktion und -distribution als auch die für die Rezeption von Werken relevanten Vorstellungen über Kunst.
- 5.
Dieses Kapitel ist vorwiegend Adorno zuzuschreiben (Steinert 1998, S. 38).
- 6.
Für den Hinweis auf dieses Transition-Heft danke ich Gisela Theising.
- 7.
Die etwas holprige Formulierung von Helmut Färber in Filmkritik 6/1967 habe ich nach dem Original in Critique 1947 gemäß heutigem Sprachgebrauch übersetzt.
- 8.
https://www.pinakothek-der-moderne.de/ (08.02.2019).
- 9.
Mündliche Mitteilung von Corinna Rösner am 28.12.2018.
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Hieber, L. (2020). Kunstgattung Film. In: Hieber, L., Winter, R. (eds) Film als Kunst der Gesellschaft. Film und Bewegtbild in Kultur und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30461-4_2
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