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Mikrobiologische Charakterisierung eines Anaerobreaktors zur Behandlung von Rübenmelasseschlempe

Wenzel, Wolfgang

In der vorliegenden Studie wurde ein zweistufiger Anaerobreaktor zur Behandlung von Rübenmelasseschlempe mikrobiologisch charakterisiert. Es wurden unterschiedliche Verfahren zur Beschreibung der mikrobiellen Reaktorbiozönose eingesetzt, da einzelne Methoden in ihrer Aussagekraft limitiert sind. Durch Fluoreszenz in situ Hybridisierungen (FISH) wurde die räumliche Verteilung verschiedener phylogenetischer Gruppen im Reaktor untersucht. Bis zu 70 % der mit DAPI nachweisbaren Gesamtzellzahl ließen sich mit der in situ Hybridisierung erfassen und durch den Einsatz spezifischer Oligonukleotidsonden konnte die räumliche Verteilung verschiedener phylogenetischer Gruppen im Reaktor untersucht werden. Most Probable Number (MPN) Experimente wurden zur Abschätzung der Kultivierungseffizienz beim Einsatz unterschiedlicher Substrate sowie zur Untersuchung des Auftretens und der Verteilung physiologischer Gruppen im Reaktor eingesetzt. Mehr als 10 % der mit DAPI nachweisbaren Zellen ließen sich mit Melasseschlempe als Substrat kultivieren. Durch den Einsatz spezifischer Substrate und Elektronenakzeptoren für sulfatreduzierende Bakterien, homoacetogene Bakterien und methanogene Archeen konnten deutliche Profile in der Verteilung dieser physiologischen Gruppen im Reaktor nachgewiesen werden. Die MPN-Experimente dienten als Ausgangspunkt für die Isolierung von Reinkulturen. Insgesamt wurden 182 Stämme isoliert, die über die Analyse der 16S rDNA 58 Arten aus 18 verschiedenen Gattungen zugeordnet werden konnten. Dominierend waren Vertreter der Gattungen Clostridium, Ruminococcus, Eubacterium und Bacteroides. Aus anderen Gattungen wurden jeweils nur wenige Arten isoliert. Die Ergebnisse der phylogenetischen Einordnung der Isolate wurde für die Abschätzung der Artenzahl (S) im Reaktor genutzt. Durch den Einsatz unterschiedlicher Verfahren zur Abschätzung dieses Diversitätsindex konnte gezeigt werden, dass zwischen 30 % und 70 % der mit den eingesetzten Methoden kultivierbaren Arten isoliert wurden und damit ein erheblicher Teil der mikrobiellen Population mit kultivierungsbasierenden Methoden erfasst werden konnte. Die taxonomische Einordnung der Isolate ermöglichte eine erste funktionale Einordnung anhand der physiologischen Kapazitäten der nächsten Verwandten des Isolats. Physiologische Experimente an ausgewählten Reinkulturen erlaubten die qualitative Abschätzung der Stoffflüsse im Reaktor. Verschiedene Experimente wurden direkt am untersuchten Reaktor durchgeführt. Anhand von Fallbeispielen wurden die Möglichkeiten zum Einsatz mikrobiologischer Parameter in der Prozesssteuerung dargelegt. Dabei zeigte sich, dass besonders in kritischen Phasen des Reaktorbetriebs (z.B. Inbetriebnahme des Reaktors) die Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchungen nützliche Informationen liefern, die für die Prozesssteuerung herangezogen werden können.
In the present work microbiological aspects of the anaerobic treatment of molasses wastewater were studied. Different methods for the phylogenetic and physiologic description of the microbial biocoenosis within the reactor were applied. The spatial distribution of different phylogenetic groups of microorganisms was measured by fluorescent in situ hybridisation (FISH). Up to 70 % of the total cell count (DAPI) could be covered by in situ hybridisation and the spatial distribution of different phylogenetic groups in the reactor could be investigated by the use of specific oligonucleotides. Most probable number experiments (MPN-experiments) with selective substrates were used to estimate the cultivation efficiency of selected substrates and for the measurement of the distribution and abundance of different physiological groups within the reactor. More than 10 % of the total cellcount could be cultivated with molasses wastewater as substrate. The use of specific substrates for sulphate reducing bacteria, homoacetogenic bacteria and methanogenic archaea showed distinct profiles over the reactor length. MPN-experiments were also used for the isolation of pure cultures. 182 strains were isolated, which could be affiliated to 58 different species from 18 genera by sequencing of the 16S rDNA-gene. Members of the genera Clostridium, Ruminococcus, Eubacterium and Bacteroides were dominating. Representatives of other genera could be isolated less frequently. The results of the phylogenetic affiliation of the isolated strains were used for the estimation of the species richness (S). Different methods for the measurement of this microbial diversity index were applied. Depending on the estimations used a fraction of 30 - 70 % of all species that could be cultured by the applied isolation methods were actually isolated, indicating that the major part of the microbial population could be covered by cultivation based methods. The taxonomical affiliation of the isolates allowed a first functional grouping according to physiologic capacities of the closest relatives. This preliminary functional grouping was specified by physiological experiments on selected pure cultures and allowed an qualitative estimation of fluxes within the reactor. Microbiological results could finally be used as parameters in process control. Especially during critical phases (e.g. during startup of the reactor) microbiological experiments provided useful information that were successfully integrated into process control.