Zusammenfassung
Der Aufbau jedes einkarpelligen Griffels oder Griffelendes ist durch das Verhalten der Karpellspitze (nämlich Wachstumshemmung und Auswachsen), der Karpellränder (nämlich Klaffen, Aneinanderliegen, Kutikularverzahnung und Verwachsung) und der Mittelrippengegend der Karpellspreite (nämlich keine oder intensive Tätigkeit des Ventralmeristems) bedingt. Die einfachste Form des Griffels ist das gefaltete, unverwachsene Karpellende, dessen Spitze und Mittelrippe nicht auffällig in Erscheinung treten (z. B. Ranunculaceen, Saxifragaceen). Abgeleitet dagegen sind die soliden Griffel, die entweder durch das Auswachsen der Karpellspitze (Leguminosen,Hypericum) oder durch die mächtige Entwicklung der Mittelrippengegend der Karpellspreite (z. B. Rosaceen, Caryophyllaceen) oder (nachHanf fürIncarvillea Delavayi) durch sekundäre Ausfüllung eines ursprünglich vorhandenen Griffelkanals entstehen, welch letztere Möglichkeit offensichtlich auf mehrkarpellige Griffel beschränkt ist.
Einkarpellige Griffel freier Karpelle und einkarpellige Griffel und Griffelenden in verwachsenblättrigen Gynözeen verhalten sich grundsätzlich gleich, da in beiden Fällen zwei extreme Ausbildungsformen, nämlich der dauernd offen bleibende hohle und der nie offen gewesene solide Griffel auftreten. Zwischenstadien entstehen dadurch, daß die Karpellränder — mit oder ohne Aussparung eines Griffelhohlraumes — durch eine Kutikularnaht verbunden sind (z. B. beiNigella, Tritonia) oder verwachsen (z. B. beiTrifolium, Colchicum). Diese Verwachsung ist stets postgenital. Sie beginnt sehr früh und ist von zahlreichen Periklinalteilungen der Epidermiszellen begleitet, so daß zur Blütezeit keine Verwachsungsnaht mehr sichtbar ist.
Griffel mit unverwachsenen Karpellrändern wurden nur bei ursprünglichen Familien, nämlich den Hamamelidaceen, Ranunculaceen, Magnoliaceen, Cercidiphyllaceen, Saxifragaceen, Butomaceen, Alismataceen, Bromeliaceen und Liliaceen beobachtet.
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Baum, H. Otogenetische Beobachtungen an einkarpelligen Griffeln und Griffelenden. Osterr bot Z 95, 362–372 (1949). https://doi.org/10.1007/BF01256691
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